Fehmarn Open Air
IX. Jimi Hendrix-Revival-Festival
UMSONST UND DRAUSSEN

Fehmarn Open Air

Flügger Strand – Insel Fehmarn am 6.9.2003

Nachdem uns bereits im letzten Jahr dieses Festival sehr gut gefallen hat, durften Ralf Gottschalk, Ingo Saager (Verfasser dieser Zeilen) und als Spezial-Agent Anette Werner diesmal als Reporter für den German Rock e.V. das 9. Fehmarn Open Air besuchen.

Unter dem Motto Love, Peace & Happiness präsentiert der Veranstalter, die Fehmarn-Festival-Group e.V. (u.a. Dirk Struve und Norbert Larsson) mit vielen freiwilligen Helfern in einer einmalig entspannten Atmosphäre ein musikalisches Programm der Sonderklasse: Cissy Strut, Patchwork, FriendZ, Roland Parker and the Psychedelics, Peer Gynt, Gwyn Ashton, TM Stevens und Durstig.

Vorab einige allgemeine Informationen zur Vorgeschichte und Gegenwart.

Im Jahre 1970 fand auf dem Love & Peace Festival auf Fehmarn das letzte Konzert von Jimi Hendrix vor seinem viel zu frühen Tode statt. Wie allseits bekannt ist, starb Jimi einige Tage später in London.

Zum 25. Jubiläum des Love & Peace-Festivals wurde im September 1995 ohne große finanzielle Unterstützung das „1. Jimi Hendrix-Revival-Festival“ veranstaltet. Speziell zu diesem Anlass wurde ein Gedenkstein an den letzten Auftritt von Jimi Hendrix angefertigt und enthüllt. Dieser 2,4 Meter hohe und 6,5 Tonnen schwere Findling ist mit folgender Inschrift versehen:
Jimi Hendrix – Fehmarn – Love & Peace Festival – 4. – 6. Sept. 1970.

Darüber wurde im Maßstab 1:1 eine Fender-Stratocaster-Gitarre vom Steinmetz Andreas Leverenz eingemeißelt.

Von nun ab fand das Fehmarn Open Air jährlich immer Anfang September statt und lockt immer mehr Besucher an.

Für Camper ist diese Veranstaltung allein von der Lage ultimativ. Wir hatten und einen geräumigen Wohnwagen gemietet, der genau 120 Meter vom Ostseestrand und circa 200 Meter vom Festival Gelände entfernt war. Da auch das Wetter mitspielte, war dieses Wochenende für uns eines der persönlichen Highlights des Jahres 2003.

Schnell hatte man Kontakt zu seinen freundlichen Camping-Nachbarn hergestellt, einen Spaziergang an den schönen Strand gemacht und den Jimi-Hendrix-Gedächtnisstein besucht.

Dann erst einmal das Festival-Gelände besichtigt: Viel Platz zum Stehen und Liegen vor der Bühne, mehrere Bier- und Getränkestände, Grillstand, Pommes-Wagen, Suppenküche, Hot-Dog-Stand rund um das Gelände verteilt, sicherten die Versorgung der Gäste.

Im Info-Zelt konnte man sich eine schöne Ausstellung über die vorherigen Festivals anschauen und sich umfassend informieren und auch sehr nett unterhalten.

CISSY STRUT eröffneten mit Ihrer explosiven Mischung aus Blues, Funk, Jazz und Soul mit schönen Orgel- und Gitarrensounds pünktlich das Festival. Neben Blues-Standards bestimmen Eigenkomposition des Gitarristen Markus und des Sängers Thomas das Programm. Durch Ihre Spielfreude, Virtuosität und der mitreissenden Bühnenpräsenz brachten CISSY STRUT, die auch schon als Opening Act für die Robben Ford Band unterwegs waren, die Stimmung beim Publikum sofort nach oben. Ein mehr als guter Start.

Mit ehrlicher Rockmusik mit all ihren Ecken und Kanten und einem Ausflug in die frühen Stunden des Rock ging es mit der Inselband Patchwork weiter. Die Mannen um Sängerin Nadine Heinze brachten Cover-Songs von Abba, Black Sabbath bis Led Zeppelin in neuem Gewand.  Die Musik und Stimmung war ok, aber es fällt schwer, die Stimmen von Robert Plant, Ozzy Osborne oder Mick Jagger durch eine weibliche Stimme zu ersetzen.

Die Band FriendZ ist wohl kurzfristig in Programm aufgenommen worden. Klang für mich wie Dire Straits entdeckt Marshall, also die verzerrte Gitarre. Sauber und groovig gespielt, rockig, aber nicht zu hart.

Nun ging die musikalische Reise endlich wieder in Richtung Jimi Hendrix.

Als Trio betraten Roland Parker (Gitarre und Vocals) and the Psychedelics, Bruno Brunacker (Bass und Background) und Andi Hiermeyer (Drums und Backgroundvocals) die Bühne und fetzten direkt los. Purple Haze, Fire, Red House von Jimi und viele eigene, sehr gute Stücke machten wirklich Laune. Leider hatte Roland Parker mit seinen Kabeln oder seiner Gitarre zeitweise Probleme (der Ton war öfters weg). Gute Bühnen-Show, tolle Gitarren- und Bass-Solos und sogar ein Schlagzeugsolo machten Freude. Die Band kam wie eine ganz eigene Mischung der Musik von Jimi Hendrix und Lenny Kravitz klasse an.

Zeitgemäßer Sound, die authentische Stimme von Roland Parker und die lebendige und spontane Bühnenshow brachten dieser Truppe einen land anhaltenden Beifall ein.

In Knickerbocker-Hosen trat Herr Peer Gynt aus Norwegen als King of Mountain Blues (wie ihn die Presse tituliert) an Gitarre und Gesang mit dem Bassisten Lars Fish und dem Schlagzeuger B.P. Hovik an. 

Mit kraftvollem Gitarrenspiel, eigenem Songwriting, einer atemberaubenden Bühnenshow und einer Musik zwischen norwegischem Folk, modernem Blues und schnell Rock ging weiter die Post ab.

Tolle Versionen von Little Wing von Jimi H. und Oh Well von Fleetwood Mac und eine angezündete Gitarre machten einfach Spaß.

Jetzt betrat ein ungewöhnliches DUO die Bühne: Der Australierer Gwyn Ashton (Gitarre, Harp und Gesang) und Michael Wiedrich am Schlagzeug klangen wir eine komplette Band. Sehr viel akustische Gitarre erinnerte teilweise an Rory Gallagher , wobei Mister Ashton sehr virtuos an seinen Instrumenten einen rauen Streetblues mit swingendem Groove untermalte.

Die Akustik-Version von Voodoo Child hat mich sehr beindruckt, ebenso das lebendige Zusammenspiel von  Harp und Gitarre.

Als Best Party On Earth angepriesen war nun der Auftritt von TM STEVENS angesagt.

Von einem Musiker, der bereits mit Größen wie Miles Davis, Joe Cocker, Tina Turner, Billy Joel, Steve Vai und vielen anderen Künstlern gearbeitet hat, darf man getrost einiges erwarten.

Und das Trio um TM STEVENS zog ohne Atempause ein funkig, fetziges Musik-Feuerwerk mit einer starken Dosis Power ab.

Neben Zitaten aus Jimi Hendrix´s Schatzkiste, heftigen Gitarrensolo`s, Schlagzeugsolo brachte Mr. Stevens ein langes, wirklich atemberaubendes Basssolo. Bei diesem Slap-Marathon müsste sich am Daumen von TM STEVENS eine zentimeterdicke Hornhaut gebildet haben.

Um die Partystimmung noch zu toppen, lockte die Band noch alle am Festival beteiligten Musiker auf die Bühne: ein tolles Bild.

Die Veranstaltung hatte nun sicher Ihren Zenith erreicht und bereits überschritten.

Zu unserer Überraschung kam nun als letzter Act die Band DURSTIG aus unserer Nachbarstadt Wuppertal.

Im September 1995 gegründet haben sich Ricky Thelen (Gitarre), Sascha Poddey (Gesang und Gitarre), Bootsy Götz (Bass) und Ulf Stricker (Schlagzeug) auf mehr als 150 Konzerten im In- und Ausland den Ruf einer hervorragenden Liveband erspielt.

Mit Songs wie Kannze haben, Baby! , Umverliebt oder Geliebt, gelacht, gelebt hat die Gruppe den deutschlandweiten Hermann Hesse Contest gewonnen.

Feiner Gitarrenrock mit deutschsprachigen Songs war eine schöne Abwechslung und einer netter Ausklang des Tages.

Zur Überraschung spielte Herr Stricker ein beeindruckendes Schlagzeugsolo. In einer Hand den Shaker, spielte Ulf mit nur einem Drumstick mehr, als viele andere Trommler mit zwei Armen und zwei Sticks. Sehr groovig und aus spieltechnischer Sicht für mich das beste Schlagzeugsolo des Abends (und es wurden einige an diesem Abend geboten).

Leider wird sich die Band DURSTIG Ende dieses Jahres auflösen, so dass dieser Gig eine der letzten Möglichkeiten war, diese Band live zu erleben, schade.  

Fazit: Einfach Klasse.

Vom Flair, von der Örtlichkeit, vom Wetter, von der Musik und vor allem Virtousität der Akteure für mich (Ingo Saager) das besten OPEN AIR dieses Jahres. Hervorragende Musiker, vom Mainstream und Kommerz ungebremste Spielfreude (so viele Gitarren-, Bass- und Schlagzeugsolo`s habe ich an einem Abend lange nicht gehört) erinnerten mich an die guten alten und kreativen Zeiten und in vielen freundlichen und lächelnden Gesichtern (im Publikum, beim Personal und bei den Künstlern) spiegelte sich die wirklich einmalige, positive Stimmung und das besondere Flair dieser Veranstaltung wieder.

With the power of soul, everything is possible …,

Wenn er persönlich auch nicht kommen konnte, der Geist von Jimi Hendrix war bei dieser Veranstaltung sicher dabei.

PS: Mit mehr als 15.000 Besuchern ist diese Veranstaltung mittlerweile sehr gut besucht und ich hoffe, dass im nächsten Jahr nicht noch mehr Fans zu diesem Festival nach Fehmarn kommen, dann wird es leider langsam zu eng.

Ingo Saager

OLD HIPPIE www.oldhippie.de - Web-Autor: Lightmaster - Web-Master: Lightmaster