Fehmarn
Open Air
Flügger Strand – Insel Fehmarn am 4.9.2004 1970 sollte das Love an Peace Festival auf Fehmarn ein kleines Woodstock werden. Canned Heat, Ginger Baker, Frumpy, Ton Steine Scherben etc. und Jimi Hendrix traten bei Sturm und Regen vor über 30000 Hippies auf. Das erste Festival endete schließlich in einem Chaos und hier gab Jimi Hendrix sein letztes, öffentliches Konzert. Leider verstarb er am 18.09.1970 in seiner Wohnung in London. Zum Andenken an Jimi veranstaltet die Fehmarn-Festival-Group e.V. (u.a. Dirk Struve und Norbert Larsson) mit vielen freiwilligen Helfern seit 1995 jährlich am ersten Wochenende im September das Fehmarn Open Air am Flügger Strand. Dieses Mal also zum 10. Male. Zu diesem kleinen Jubiläum haben die Macher wieder ein musikalisch sehr vielseitiges Programm der Sonderklasse auf die Beine gestellt: Flangia Kaihpos, Remopile, Powerage, Mickle A Do, More Experience, Ana Popovic, Julian Sas und Marrakesh Express. Zur Einstimmung auf das Festival ist natürlich für uns ein kleiner Spaziergang zum Gedenkstein Pflicht. Zum 25. Jubiläum des Love and Peace Festivals wurde er im Jahre 1995 im Gedenken an den letzten Auftritt von Jimi Hendrix angefertigt und enthüllt. Dieser 2,4 Meter hohe und 6,5 Tonnen schwere Findling ist mit folgender Inschrift versehen: Jimi Hendrix - Fehmarn - Love & Peace Festival - 4. - 6. Sept. 1970. Darüber wurde im Maßstab 1:1 eine Fender-Stratocaster-Gitarre vom Steinmetz Andreas Leverenz eingemeißelt. In diesem Jahr war das Wetter einfach traumhaft warm und sonnig. Die Bühne, PA und Licht anlässlich des Jubiläums waren beindruckend aufgestockt und Speise- und Getränkestände boten eine große Vielfalt zu wirklich fairen Preisen an. Dabei ist der Eintritt zu diesem Festival auch in diesem Jahr wieder kostenlos. Sehr nett war auch das Info-Zelt und die schöne Ausstellung über die vorherigen Festivals gemacht. Flangia Kaiphos waren 1970 schon als Fehmarn-Schüler-Kultband dabei. Sie eröffneten das Festival mit schönem Gitarrenblues-Stücken von John Mayall, Spencer Davis Group und auch einigen Songs von Herrn Hendrix. Im echten Leben arbeitet der Gitarrist Klaus Wilder als Schauspieler u.a. bei "Stargate" und mimt auch den "Herrn Kaiser" einer sehr bekannten Versicherung. Nun folgte Coverrock von den Lokalmatadoren Remopile mit der hübschen Rebecca Thomsen am Mikrophon. Diese Band war vor zwei Jahren auch schon hier am Start und haben als Verstärkung diesmal Björn an der zweiten Gitarre neu dabei. Leider war die Stimme von Rebecca nicht topfit (Erkältung), der Sound war härter und die Show professioneller (starkes Outfit, Rebecca!). Powerage aus Hamburg brachten nun AC/DC-Songs, das heißt Rock`n`Roll der alten Schule - Musik von Fans für Fans. Die Vocals waren recht authentisch und entsprechend schrill, der Sound sehr mächtig. Stilecht auch die Schuluniform und Kappe des Sängers. Das Publikum ging voll mit und hatte seinen Spaß. Leider ist dieses nicht die richtige Mucke für Meinereiner, sorry. Zur Entspannung und zum Abkühlen traten nun Mickle A Do auf. Die norddeutsche Folkband spielte traditionelle irische und schottische Melodien im rockigen Gewand. Ungewöhnliche Instrumente wie Dudelsack, Geige und Akkordeon brachten ganz andere Klangfarben auf die Bühne. Wieder ging das Publikum voll mit und bei Jig-A-Jig (wir erinnern uns der Kultversion von East Of Eden 1969 Anm. der Red.) tanzte "der ganze Saal". Nicht nur die Künstler und Veranstalter (die alles ehrenhalber - und ohne Profitgedanken auf sich nehmen) sind bei dieser Veranstaltung etwas Besonderes, auch das Publikum: sehr gemischt (alt und jung), sehr freundlich und friedlich, sehr offen - für alle Arten von Musik. Für die Kinder wird auf dieser Veranstaltung ebenfalls einiges geboten. Um circa 17:30 Uhr durften nun die Kids auf die Festivalbühne, um circa 1000 Luftballons in den Himmel zu schicken, ein sehr schönes Bild. Endlich kam der Auftritt des Trios More Experience aus der Schweiz, der ultimativen Hendrix-Cover-Band, die auf Fehmarn schon 1999 das Publikum begeistern konnten. Eine schöne Auswahl auch unbekannterer Hendrix-Stücke und glaubhafte Interpretation machten wirklich Freude. Ruhigere Titel wurden auch schon mal im Sitzen vorgetragen (man wird ja älter). Geil waren auch die schönen, alten Marshall-Türme anzuschauen. Leider war der Gitarrist wegen Rückenschmerzen nicht ganz auf der Höhe. Die in Jugoslawien geborene Ana Popovic war schon 2002 auf Fehmarn dabei. Für mich war sie mit Ihrer Truppe aber die Überraschung des Tages. Die Band war super eingespielt und besonders Ana hatte sich gegenüber 2002 wirklich gesteigert. Sie begeisterte mit ihrem tollen Bluesrock und virtuosem Gitarrenspiel. Starke Songs, ein sehr dynamischer Auftritt und toller Sound. Zwischendurch gab Ana auch mal Ihre Gitarre ins Publikum und ließ die Fans ein wenig solieren. Wer immer die Klampfe bekommen hat, der hat sogar ganz gut mitgespielt, Kompliment. Julian Sas aus Holland brachte nun seinen Power-Blues-Rock in der Tradition von Johnny Winter, Rory Gallagher und Jimi Hendrix zu Gehör. Schon 1999 als Abräumer dabei, brachte er die Zuhörer zum Tanzen und Gröhlen. Einige Fans kletterten begeistert auf die Bühne, nur beherztes Eingreifen von Dirk Struve konnte die Situation klären. Der Sound war auch hier wieder toll, neben dem Gitarrensound und -spiel war u.a. die fette Orgel sehr beeindruckend. Den Abschluss und Rausschmeißer machte nun der Marrakesh Express. Die Siebenköpfige Band um Milla Kapolke, dem ehemaligen Bassisten von Grobschnitt, brachte mehrstimmigen Gesang mit Songs von Crosby, Stills, Nash & Young auf die Bühne. Die drei Gitarristen + Bassist gaben schon ein beeindruckendes Bild ab. Leider hatte der Sologitarrist zu Begin des Gigs technische Probleme. Ansonst war dieses ein gemütlicher Ausklang des Festivals. Der einzige Wehrmutstropfen: Am nächsten Tag war der ganze Dreck und Plastikmüll zu sehen, der statt in den vielen Mülltonnen und Müllsäcken einfach auf der Wiese gelandet ist. Mir taten die vielen ehrenamtlichen Helfer leid, die den Dreck aufräumen mussten und ich würde mir für die Zukunft wünschen, dass das ansonsten tolle Publikum hier etwas mehr an die Umwelt und Helfer denken würde. Ich möchte meinen Bericht mit einem passenden Zitat von Beate Uhse von 1970 schließen: "Irgendwo war das damals eine andere Zeit, eine Aufbruchzeit. Man glaubte, es würde keine Kriege mehr geben, kein Mord und Totschlag, und diese Völkerverständigung die durch diese großen Musikfestivals, siehe Woodstock, in die Welt kam, das schien mir so positiv." Das Fehmarn Open Air bringt noch etwas von dem Flair aus dieser vergangenen Zeit in die Gegenwart rüber und ist heute eine der wenigen Veranstaltungen, bei denen es nicht um Profit für irgendwelche Künstler oder Veranstalter geht. Ich hoffe sehr, dass dieses Festival auch in den kommenden Jahren in dieser Form stattfinden wird. Fazit: Die ganze Veranstaltung war wieder sehr schön. "With the power of soul, everything is possible ...," Jimi Hendrix hätte dieses Festival zu seinem Andenken sicher gut gefallen. Ingo Saager |
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