Abgeschickt von didiba am 20 August, 2003 um 20:24:37
Antwort auf: Re: Freie Liebe von Ginopolis am 19 August, 2003 um 16:45:16:
Ich glaube. Da muß ich was klarstellen, was nicht jeder wissen kann. Die Rede von der„freien Liebe“ hatte einen anderen Kontext. Damals gab es noch die Sittengesetze aus der Kaiserzeit. Homo war verboten, Übernachten bei Freund/Freundin verboten usw. Da gab es den Kuppelparagraphen, den 175er, in Kalifornien durfte man kein Mädel auf den Schoß nehmen wenn kein Kissen dazwischen war und andere Lächerlichkeiten. Einiges gibt es sicher heute noch, wie das zynische Kondomverbot des Papstes zB. Ich sehe noch vor dem geistigen Auge, wie Frau Uta Ranke Heinemann, die Frau des ehemaligen Bundespräsidenten und Theologin sich darüber empörte, dass Staat und Kirche sich in die Betten der Bürger einmischte. Sehe Woody Allan in einem Film Witze machen, wo er als Spermium in der Warteschleife sitzt, während man im Kopf schwer am Pumpen ist um „Ihn“ hochzukriegen und dann der Saboteur, ein Pfaffe, erwischt wird. Köstlich. Eigentlich, so dachte ich, ist das alles von gestern. - Fast – wäre da nicht gerade dieser Herr Schill unangenehm aufgefallen mit seiner versuchten Dreckschleuderei. Vor dreißig Jahren hätte er damit sogar Erfolg gehabt. Das zeigt, wie sehr der Herr von gestern ist. Und so was kann jederzeit wieder aus den Löchern kommen. Also passt schön auf.
Um nun aber selbst nicht als ewig gestriger Hippie zu erscheinen, habe ich ein paar aktuelle Zitate aus der Diskussionsgruppe Krisis, bzw. Opentheory mal gesammelt (die Autoren, und mehr, könnt ihr dort nachlesen). Für mich alte Themen und doch für viele wohl neu und aktuell, als Grundsatz eben auch erhaltenswert.
Zitate:
…das verhalten der Menschen untereinander wird in der derzeit bekannten Gesellschaftsform von Menschen bestimmt, die sich selbst dazu berufen fühlen über andere zu bestimmen. Eine Änderung zu einem System mit grösserer (??) Freiheit (Anarchie) ist meiner Meinung nach nur durch eine Änderung im Bewusstsein und Selbstbewusstsein der Menschen möglich. Durch diesen Vorgang wird auch das Gefühl der Freiheit anders definiert werden. bewusst schreibe ich "Gefühl", denn ich halte Freiheit für ein individuelles subjektives Gefühl.
…Es wäre unangemessen, wenn ich mich oder eine Gruppe "über" andere Menschen erheben und "für andere" denken und handeln würde. Menschlich ist z.B. eine Vision nur, wenn sie andere Menschen niemals als Objekte thematisiert, sondern die Vision so umreißt, daß alle Menschen als Subjekte selbstbestimmt über die Formen ihres Lebens und möglicher Kooperationen entscheiden.
: Individuelle Selbstentfaltung hat eine lange und unterschiedliche Geschichte. Prinzipiell ist die menschliche Gattung nur in Gemeinschaften mit ihresgleichen überlebensfähig. Individuen erwerben Überlebensfähigkeit überwiegend über soziale Lernprozesse.
…Nur eine gesellschaftliche Strukturveränderung, die den Widerspruch zwischen individueller Entfaltung und den Interessen der Gemeinschaft = der Gattung aufhebt, gewährleistet HEUTE längerfristig unser Überleben als Gattung. Wir können sicherlich noch eine ganze Zeit lang weiter wie die Lemminge in den Abgrund treiben, aber lösen werden wir diese Frage müssen.
Diese "gesellschaftliche Strukurveränderung" liegt in unserer Hand. Es geht darum die amorphe Masse in eine möglichst flächendeckende Gliederung von "Sozialforen" überzuführen, wo die individuelle Entfaltung in die Interessen der Gemeinschaft einfließen kann. Diese "Sozialforen" bieten Partizipationsmöglichkeit und einen kommunikativen Zusammenhang. Sie ermöglichen den Menschen zum Subjekt zu werden.
Nur weil Menschen "natürlich gesellschaftlich" sind, kann es überhaupt freie Formen von Gesellschaftlichkeit geben.
Freie Kooperation setzt nicht an der Regulierung des Verhandelns an, sondern bei den Akteuren. Ob eine Verhandlung frei und gleich ist, hängt nicht von den Regeln ab, sondern von den Akteuren: ob sie in der Lage - und notfalls auch bereit sind - zum "dann eben nicht", und ob dies zu einem vergleichbaren und vertretbaren Preis möglich ist. Auf dieser Basis können die Akteure auch über die Regeln der Verhandlung verhandeln. Sie können Regeln schaffen und ändern, sich daran halten oder dies nicht mehr tun. Freie Kooperation setzt nicht die Regeln, sie stärkt die gleiche Verhandlungsposition der Akteure.
Emanzipation bedeutet, sich aus erzwungenen Kooperationen zu befreien und freie Kooperationen aufzubauen …
Sie verlaufen darüber, dass man es hart auf hart kommen lässt: Kooperationen verlässt oder Kooperationsleistungen einschränkt, obwohl der Preis dafür unter Umständen höher ist als für die Gegenseite - weil man entschlossen ist, genau diese Situation zu verändern. Linke Politik bedeutet, andere Emanzipationskämpfe zu erkennen und anzuerkennen und sich dabei gegenseitig zu unterstützen, um das Prinzip der freien Kooperation zu stärken und seinen Einfluss zu vergrößern
Anm.:
Freiheit ist auch Verantwortung.
Freie Kooperativen,(wie die Freie Liebe) sind wohl ebenso zu sehen.
persönliches Statement:
Wer das Lieben diskreditiert ist selbst ein Schwein!